60 Jahre Kirche Heilig Kreuz Weilburg



1945 waren in der Diaspora-Gemeinde Weilburg, die die Lahnstadt und weitere 22 Orte umfasste, 676 Katholiken registriert. Sie hatten in der Karl Borromäus Kirche am Landtor ihre Heimat. (Noch heute erkennt man, wenn man durch das Landtor fährt, den einst sakralen Raum).
Allein 1946 wurden 130.000 katholische Heimatvertriebene in der Diözese Limburg angesiedelt. Viele kamen in den Kreis Oberlahn, wo in fünf bis dahin fast rein protestantischen Gemeinden (Aumenau, Löhnberg, Weilmünster, Runkel, Merenberg und später Gräveneck) katholische Seelsorgsstellen eingerichtet werden mussten. Auch Größe und Struktur der jetzt flächenmässig kleinen Pfarrei Weilburg änderte sich grundlegend. Sie wuchs auf 2778, dann auf über 3000 Mitglieder an, von denen rund 80 Prozent Flüchtlinge und Heimatvertriebene waren.
Nicht alle praktizierten ihren Glauben. Ein weiteres Phänomen der damaligen Tage war, dass viele Katholiken in der Diaspora Mischehen eingingen, die von evangelischen Pfarrern eingesegnet wurden. Trotz dieser "Verluste" war der Gottesdienstbesuch in Weilburg außerordentlich stark. Bald mußten an Sonn- und Feiertagen drei, dann vier und schließlich fünf Messen gelesen werden. An einem ganz normalen Sonntag wurden bis zu 1.000 Personen gezählt. Die bisherige Kirche hatte aber nur ca. 200 Sitzplätze. Sie war folglich zu klein. Ein Umbau hätte die Situation nicht verbessert. Ein Neubau kam ins Gespräch.
Pläne für eine neue Kirche

Der gebürtige Frankfurter Norbert Freiburg, der 1945 als Koadjutor nach Weilburg kam, später dann Pfarrer von 1950 bis 1982 wurde, plädierte für diesen Plan - in erster Linie aus seelsorgerischen, aber auch aus verkehrspolitischen Gründen. Die Karlskirche in der Vorstadt lag zwar zentral, aber verkehrsmäßig nicht günstig. Ihr einziger Ausgang führte unmittelbar auf die an dieser Stelle sehr enge, unübersichtliche und auch damals schon belebte Bundesstrasse. Dass die Gefährdung der Gläubigen nicht nur theoretischer Natur war, sollte sich am 7. Juni 1953 bewahrheiten. Während abends in der Kirche ein Gottesdienst statt fand, raste ein schwerer Marmeladen-LKW mit versagenden Bremsen in das der Kirche gegen überliegende Gebäude. Der blutüberströmte Fahrer aus Kiel wurde ins Pfarrhaus und später in die Klinik gebracht, wo er kurze Zeit später verstarb. Ebenfalls zu Tode kam ein Ehepaar, das vor dem Haus stand, in das der LKW kollidierte.
Unfall als stärkstes Argument

Bereits am 20. Februar 1948 machte die Kirchengemeinde eine Eingabe an den Magistrat der Stadt, das Grundstück mit allen Gebäuden in der Vorstadt gegen ein Baugrundstück in der Frankfurter Strasse einzutauschen. Dies wurde jedoch von Landeskonservator Dr. Bleibaum negativ beschieden. Als Begründung führte er aus, dass der auf der geplanten Fläche liegende, inzwischen aber nicht mehr genutzte, Friedhof zu einem "Erholungsplatz für die Bewohner Weilburgs" ausgestaltet werden müsste.
Erst nach dem Unfall 1953 hatten die Bemühungen Pfarrer Freiburgs Erfolg. Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung versprach im November 1953, nicht länger denkmalpflegerische Einwände zu erheben, wenn "es gelingt, einen für die Weilburger Bedürfnisse genügend großen Kirchenraum an dieser Stelle architektonisch gut einzuordnen." Wegen der historischen Besonderheit müsse aber ein Wettbewerb ausgescgrieben werden, bei welchem die Denkmalpflege maßgebend beteiligt ist.
Diese Auflage wurde akzeptiert und dann ging es Schlag auf Schlag. Der Naturdenkmalschutz für die obere Terrasse des Friedhofs wurde aufgehoben. Die Stadt erklärte sich bereit, das Gelände samt Haus für 29820,- DM zu veräußern.
Schwierigkeiten mit der alten Landwirtschaftsschule

Das Bauvorhaben geriet ins Stocken. Schuld daran war die alte Landwirtschafts- und Töchterschule. Die Stadt Weilburg hatte sich verpflichtet, sämtliche Räume dieses an der Frankfurter Strasse gelegenen Gebäudes von den derzeitigen Mietern zum 1. Januar 1955 freizustellen, damit das Haus abgebrochen werden kann. Doch die fünf (später vier) Mietparteien waren nicht gewillt auszuziehen. Selbst das Angebot, einen Flügel der Hainkaserne auszubauen und ihnen als Ausgleichsobjekt anzubieten noch die Ankündigung einer Räumungsklage konnte sie zum Auszug bewegen. Da jedoch das Grundstück groß genug war, begann trotz des schwelenden Konflikts der Bau der Kirche direkt hinter dem Haus.
Das Bauprogramm sollte eine Kirche mit 500 Sitzplätzen, einen Gemeinderaum, ein Pfarrhaus, eine Küsterwohnung und zwei Garagen umfassen. Die Ausschreibung gewann mit der Tarnzahl 1504 der Architekt Paul Johannbroer aus Wiesbaden.
Gebeine und Grabsteine
Erst jetzt erließ die Stadt eine öffentliche Bekanntmachung, in der die Angehörigen der im oberen Teil des Friedhofs Beigesetzten aufgefordert wurden, die dort befindlichen Gräber abzuräumen. Die Grabsteine konnten, wenn gewünscht, in der der Stadt verbleibenden Friedhofsteil umgesetzt werden. Die übrigen Grabsteine wurden entfernt und als Bauschutt entsorgt.
Die Überreste der Bestatteten kamen in ein Sammelgrab.
Das Grab für mehrere Soldaten aus dem 19. Jahrhundert sollte verlegt werden. Dies wurde allerdings vergessen. Eine schlichte Tafel am Glockenturm erinnert heute an diese Militärpersonen.
Bauarbeiten

Pfr. Freiburg und der Kirchenvorstand mussten mit einer Reihe von Schwierigkeiten fertig werden, ehe 1957 endlich mit den Arbeiten angefangen werden konnte. Außer dem Wiesbadener Architekten Johannbroer wurde der Kölner Dombaumeister Prof. Dr. W. Weyres beratend hinzugezogen. Am 5. August 1957 erfolgte der erste Spatenstich.
Pfr. Freiburg legte großen Wert darauf, dass möglichst viele einheimische Firmen berücksichtigt wurden. An Sonntagen, so berichtet die Chronik, pilgerte halb Weilburg zu dem Gelände, um zu sehen, welche Fortschritte erzielt wurden. Willi Kahl, Pfarrer der evangelischen Gemeinde, ließ Freiburg wissen, dass er aufrichtige Freude darüber empfinde, "dass die katholische Pfarrgemeinde nun bald einen würdigen Rahmen für ihr gottesdienstliches Leben haben wird."
Das katholische Leben hat einen neuen Ort

Richtfest sollte der 13. Oktober 1958 sein. Da dies aber der Tag war, an dem Papst Pius XII beigesetzt wurde, musste es verschoben werden. Es fand dann am 28. Oktober 1958 statt, dem Tag, da Papst Johannes XXIII im Konklave gewählt wurde.
Am 24. Mai 1959, dem Dreifaltigkeitssonntag, konsekrierte der Limburger Bischof Wilhelm Kempf das neue Gotteshaus, das den Namen "Heilig Kreuz" erhielt. Das Patronatsfest ist am 14. September.
Die heilige Messe bei der Einweihung war nicht, wie üblich, die erste in der neuen Kirche. Bereits am 14. Dezember 1958 hatte der aus der Pfarrei stammende Rolf Lutter in einem provisorisch hergerichteten Sakralbau seine Primiz.
1960 verließen die letzten Mieter das alte Haus, das den Gesamteindruck von der Frankfurter Strasse erheblich beeinträchtigte. Es konnte im August abgerissen werden. Auf der freigewordene Fläche wurde ein Parkplatz angelegt.
seit dem 01.01.2019 ist die Heilig Kreuz Kirche Pfarrkirche der Pfarrei Heilig Kreuz Oberlahn
Artikel (gekürzt) entnommen aus dem Buch:
"175 Jahre Jahre Katholische Kirchengemeinde Weilburg 1821 - 1996"
zu beziehen über das zentrale Pfarrbüro Weilburg