Archiv 2020: Wort zum Sonntag
Jeden Samstag erscheint im Weilburger Tageblatt die Seite "Momente", auf der ein katholischer oder evangelischer Seelsorger oder Seelsorgerin einen geistlichen Impuls in der Rubrik "Moment mal" schreibt.
Hier können Sie die Impulse unseres Pastoralteams aus dem Jahr 2020 zum nachlesen.
Die Beiträge des Jahres 2019 finden Sie hier.
Samstag, 19.12.2020 ~ "Licht" von Gemeindereferent Hilmar Dutine
Vor einigen Jahren durchlebte ich eine schwere persönliche Krisenzeit. Selbst einfache Aufgaben fielen mir schwer. Ich musste eine Auszeit nehmen. In diesen Monaten wurde mir ein Satz sehr wichtig: „Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Sicher kennen Sie diesen Satz auch. Leicht daher gesagt, kann er doch sehr viel bedeuten.
Für viele Menschen ist das aktuelle Jahr eines der krisenreichsten des Lebens. Alle Vorsätze, alle Planungen, alle Sicherheiten wurden durch Corona über den Haufen geworfen. Was im Januar oder Februar noch undenkbar schien, ist jetzt für viele bittere Realität geworden. Das berufliche und das private Leben gestaltet sich anders, als viele es noch vor wenigen Monaten geahnt oder gedacht haben. Kein Kontakt mehr zu Kollegen und Kolleginnen durch Homeoffice, Kontaktbeschränkungen im Freundes- und Familienkreis. Für viele Menschen ist die Einsamkeit die Dunkelheit dieser Zeit.
„Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Ein kleines Lichtlein ist zur Zeit auch in den Kirchen und auf der ganzen Welt unterwegs: Das Friedenslicht aus Bethehem. Entzündet in der Geburtsgrotte, bringen es die Pfadfinder in viele Länder der Erde. Das Friedenslicht hat in diesem Jahr eine noch größere Hoffnungswirkung. Im Bistum Limburg kam es am 3. Advent an. Unsere Pfadfinder vom DPSG-Stamm Rochus Spiecker Weilburg haben es dort entgegen genommen und bringen es an diesem Wochenende in die Pfarrei Heilig Kreuz Oberlahn. Nicht in einem großen, festlichen Gottesdienst mit vielen Gläubigen wie in den anderen Jahren, sondern in einer kleinen, internen Lichterfeier in der Pfarrkirche Heilig Kreuz. Von hier aus wird es dann in alle neun katholischen Kirchen zwischen Mengerskirchen, Weilburg und Weilmünster gebracht, damit jeder Gläubige es sich an Weihnachten nach Hause holen kann.
„Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Das Licht der Hoffnung, das Licht des Friedens, das Licht aus Bethlehem scheint auch in unseren Orten und Städten. Gott schenkt uns in seinem Sohn das Licht der Welt.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie dieses Licht, das in der Geburtsgrotte seinen Anfang nahm, auch bei sich spüren – in Ihrer Familie, auf Ihrer Arbeit, in Ihrem Freundeskreis.
Samstag, 28.11.2020 ~ "Warten und Erwarten" von Pfr. Hans Mayer
Liebe Leserin, lieber Leser,
wie lange wird das alles noch dauern? Sehnlichst erwarten wir eine deutliche Verbesserung der gegenwärtigen Situation, vor allem soll möglichst bald der Impfstoff kommen und dadurch eine Erleichterung für alle bringen. Einigen ist es zur Zeit wirklich eine Last, das alles zu ertragen. Wir merken: so kann es nicht weitergehen. Aber wir wissen auch: wir brauchen noch eine große Portion Geduld, bis sich alles wieder so einpendelt, dass die verlorene Leichtigkeit und Unbeschwertheit in unser Leben zurückkehrt. Wir müssen eben immer noch auf die Veränderung warten.
Warten und erwarten können gehört zu unserem Leben. Nicht alles wird sofort frei Haus geliefert, vieles muss sich entwickeln und das Wachsen und Reifen gehört dazu. Kinder müssen warten lernen, wenn es auf ein Fest zugeht und fragen: Wie oft muss ich noch schlafen, bis endlich mein Geburtstag kommt? Jugendliche müssen sich gedulden, bis sie den Führerschein besitzen. Im Erwachsenenalter ist es nicht anders, auch da kommen viele Situationen, die unsere Fähigkeit zu warten auf die Probe stellen, nicht nur an der Bushaltestelle.
Die Kunst des Wartens ist das große Thema im Advent, mit dem heutigen Sonntag treten wir in diese so wichtige Zeit ein. Wir machen uns bewusst, dass wir auf die gute Wendung unseres Lebens warten. Im Blick auf die Welt erkennen wir, dass hier noch nicht alles so perfekt ist, wie wir uns das wünschen. Und bei aller Anstrengung der Menschen gilt: wir werden die absolut gelungene Welt nie erleben. Es wird immer Grenzen und Hindernisse geben, mit denen wir klar kommen müssen. Auch hier heißt es, warten zu können und sich in Geduld zu üben.
Wir Glaubende wissen, dass uns diese perfekte Welt geschenkt wird, wenn Gott auf uns zukommt. Er allein kann uns diese schöne Zukunft, in der alles passt, schenken. Das ist der Grund, weswegen diese Zeit geprägt ist von freudiger Erwartung. Letztlich kann es nur Gott allein. Darauf vertrauen wir und das erhoffen wir. Der Advent ist die Zeit, in der wir neu das Warten lernen, es gehört zu uns. Aber wir wissen auch: das Warten hat in der Begegnung mit Gott sein Ende, wenn er kommt, um uns zu erlösen.
Im Advent üben wir also unser Menschsein und unseren Glauben ein: wir warten auf die Veränderung zum Guten hin, die Gott schenkt. Dazu wünsche ich Ihnen allen Gottes reichen Segen und die Geduld, die der Glaube schenkt.
Samstag, 31.10.2020 ~ "Was wirklich wichtig ist" von Pfarrer Walter Henkes
Was werde ich sein, fragt sich mancher, der heute noch die Schulbank drückt. Was werde ich sein im Beruf, in der Familie und im Kreis der Freunde?
Und dann strengt man sich an, schuftet in der Schule und später in der Ausbildung.
Auch im Kreis der Freunde gilt es. Schließlich will ich was darstellen. Kleider, neues Handy, durchgestylt oder voll gechillt. Jugendliche sind unterschiedlich, Gott sei Dank.
Was wir sein werden, wird sich zeigen. Worauf es ankommt, ist hinter der Fassade. Was für ein Mensch will ich werden? Wofür stehe ich, für Beruf, Karriere oder ein dickes Konto auf der Bank? Für einen vollen Kalender. Macht das wichtig?
Beruf und Geld brauchen wir, keine Frage, aber das Leben ist mehr. Wir sind Kinder Gottes, hören wir an Allerheiligen. Was wir sein werden, wird sich erst noch zeigen. Nur eines wissen wir: Wir haben was mit diesem Jesus am Hut. Wir sind wie er, weil wir leben wie er.
Was das heißt? Wenn Sie Gott so sehr vertrauen wie Jesus, finden wir bei ihm Kraft und Richtung für Ihr Leben. Dann stimmt die Richtung, dann gehen Sie auf Gott zu – und wenn Gott die Heiligen vollendet, sind wir dabei.
Kleider, neues Handy, durchgestylt oder voll gechillt. Worauf kommt es an? Was wird am Ende zählen? Ein Ire stirbt plötzlich und unverhofft. Nun steht er am Himmelstor. Die Schlange ist lang. Ob Christus ihn reinlässt?
Jesus schlägt ein Buch auf. Ich hatte Hunger und du hast mir zu essen gegeben, sagt er dem Ersten. Bravo, ab in den Himmel! Ich hatte Durst, sagt er dem Zweiten, und du hast mir zu trinken gegeben. Klasse, rein mit dir. Alle haben mich ausgelacht, sagt er zu einem Jugendlichen, du hast mich verteidigt. So geht das weiter, und der Ire wird immer blasser: Hmm, das habe ich nicht gemacht.
Schließlich ist auch er an der Reihe. Hier steht nicht viel, sagt Jesus, und dem Mann rutscht das Herz in die Hosentasche. Aber ich war traurig und enttäuscht, und Jesus lächelt. Der Mut hat mich verlassen, sagt er. Da hast du mir Witze erzählt. Du hast mich zum Lachen gebracht und mir Mut gemacht. Ab in den Himmel! – und der Mann macht einen Freudensprung geradewegs in den Himmel.
Gerade in diesen Corona-Zeiten können wir etwas Aufmunterndes gut vertragen, einen Blick, ein gutes Wort oder eben einen Witz.
Was werde ich sein? Ein offenes Herz verbindet uns mit Gott. Gott wird seinen Teil dazugeben, wird uns vollenden. Darauf können wir bauen.
Samstag, 10.10.2020 ~ "Einfach mal weg" von Klinikseelsorger Michael Cleven
Einfach mal weg! Nichts mehr hören müssen von steigenden Infektionszahlen, verbotenen Urlaubsorten, Unsicherheiten, wie lange die Pandemie uns noch in Atem (!) hält! Nichts mehr hören müssen von amerikanischem Wahlkampf, von Schlammschlachten, die nur darauf abzielen, die Anderen schlecht zu machen.
Einfach mal den Stecker ziehen!? Geht das?
„Das gibt´s doch gar nicht!“ Einfach wegleugnen; die Ansteckungsgefahr, die Bedrohung, die komplizierten Zusammenhänge; das wäre dann doch zu simpel. Die Vernunft hat schon ein Wörtchen mitzureden, darf und muss kritisch Einspruch erheben, wenn die Ursachenforschung nur bis zum nächsten Sündenbock reicht.
Aber, wie wäre es (und wäre es redlich und angemessen), sich im Inneren ein Refugium zu schaffen und zu bewahren, zu dem nur die vertrauensstärkenden Erfahrungen und Informationen hinein dürfen? Wie wäre es, sich ein Hygieneregel für die eigene Seele zuzulegen, in der Lebenserfahrungen Gültigkeit hätten, die mit offenem und ehrlichem Umgang zu tun haben, mit Rücksicht auf Schwächere und Dankbarkeit für Unverdientes. Es könnte ein innerer „Schatz“ sein, ein Vertrauen in das Gute, der auch dann trägt, wenn negative Erfahrungen angenommen werden müssen. So wie der Sonntag (ein bisschen) freigehalten werden muss von zu viel Alltag, wäre der innere Vertrauensraum entschieden freizuhalten vom Virus des Negativen („nur der Egoismus ist echt“), Unehrlichen (fake-news) und Destruktiven (um so schlimmer – um so besser).
Dazu braucht es Entschiedenheit, also eine Entscheidung vorweg, begründet in eigenen, positiven Verständnis von Menschsein. Denn die Angriffe und Zweifel kommen ja postwendend; Zu naiv! Sich die Welt schön reden! Unverbesserlicher Träumer! Kann man nicht ernst nehmen! Zu schön, um wahr zu sein!
Im katholischen Gottesdienst wird heute eine Bibelstelle vorgelesen, in der erzählt wird, wie unterschiedlichen Völker nach Jerusalem zu einem großen Fest eingeladen werden und friedlich kommen. Und das in einer Zeit, wo die mächtige Armee der Supermacht über Israel hergefallen war. Es war die Entscheidung, dass Ohnmacht und Ausgeliefertsein, Verlust der bisher geltenden Gewohnheiten und Ansprüche nicht zu Fremdenhass und Sündenbockdenken führen dürfen – um nicht die eigene Würde und den eigenen Glauben aufzugeben.
Samstag, 22.08.2020 ~ "Für wen halten mich die Menschen" von Pater Goli
„Was denkst du, woher ich komme?", fragt ein junger Mann in einem Studentenwohnheim seine Mitbewohner, denen er zum ersten Mal begegnet. Die Studierenden werden aufgrund des Aussehens und der Sprache ihres neuen Mitbewohners Vermutungen über seine Herkunft äußern. Ob diese aber zutreffen, da können sie sich in unserer bunten und vielfältigen Gesellschaft nicht unbedingt sicher sein. Noch schwieriger wird es, wenn man bei einem Fremden einschätzen soll, was er für ein Mensch ist: welchen Charakter er hat oder nach welchen Grundsätzen er sein Leben gestaltet.
Im heutigen Evangelium stellt Jesus seinen Freunden die Frage: „Für wen halten mich die Menschen?" Da erzählen ihm seine Jünger, dass sie ihn für einen Propheten halten. Doch Jesus stellt auch ihnen diese Frage: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" Einige von ihnen wundem sich über Frage Jesu. Sie sind doch immer mit ihm zusammen. Sie kennen ihn und er kennt sie, das ist doch klar!
Ich stelle mir vor, dass die Jünger einen Moment lang nachdenklich schweigen und sich dabei
vielleicht sogar ein wenig ratlos anblicken. Doch da platzt es schon aus Simon Petrus heraus: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Und Jesus antwortet: „Nicht deine Menschennatur, nicht dein Verstand haben dir dies geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel."
Jesus bestätigt also, dass Petrus erkannt hat, wer er ist: nämlich der Messias, der Gottes Volk erlösen wird. -
Auch uns fragt Jesus: „für wen aber haltet ihr mich?" Wir kennen viele unterschiedliche Antworten auf diese Frage. Die Menschen haben seit über 2000 Jahren immer wieder versucht, darauf eine passende Antwort zu finden. Jeder Christ und jede Christin ist immer wieder aufgefordert, sich dieser Frage zu stellen. Sie ist keine nebensächliche Frage, sondern darin geht es um das Fundament unseres Glaubens.
Wer als Christ und Christin zutiefst daran glaubt, dass Christus der Erlöser und der Sohn Gottes
ist, ist frei, weil er oder sie sich bereits als Erlöste erfährt. Wer seine Hoffnung in Christus festgemacht hat, muss keinen gesellschaftlich wechselnden Erlösungsstrategien hinterherlaufen, wie sie von unterschiedlichen Seiten propagiert wird: vom selbstoptimierten Leben bis hin zum selbst gewählten Todeszeitpunkt.
Das starke Christus-Bekenntnis des Petrus kann für uns ein Impuls sein, so freimütig, so klar und so vertrauensvoll zu glauben wie er.
Samstag, 25.07.2020 ~ "Das Gute behalten" von Pfarrer Walter Henkes
„Zieht die Dinger an, ihr Idioten“, schimpft einer Jugendliche im Zug, „Wollt ihr eure Oma umbringen?!“, fährt er sie an, „so geht es. Wenn ihr jetzt kontrolliert werdet, ohne Maske fliegt ihr am nächsten Halt raus.“ Wir müssen sie anziehen. Sie schützen und behindern.
Sie zogen die Dinger an. „Äi, du da!“ kommt die Antwort nach zwei, drei Minuten. „Ja, dich meine ich!“, schreit der Jugendliche, „Warum hast du uns so angemacht?!“, beschwert er sich. „Ich hätte es softer versuchen können“, gibt der andere zu. Der Ton war hart, und führte zum Handeln. Der Gegenangriff gibt dem Fahrgast recht, der sie angefahren hat. Das ist der Ton, den sie verstehen.
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Netz, das man ins Meer warf, um Fische aller Art zu fangen. Als es voll war, zogen die Fischer es ans Ufer, steckten die guten Fische in Körbe und warfen die schlechten weg.
Das Gute können wir behalten, das Schlechte aber wegwerfen. Beginnt an dieser Stelle der Himmel? Nicht die Menschen sollen wir sortieren. Lasst beides wachsen bis zur Ernte, hören wir von Jesus.
Vielleicht aber sortieren wir, was wir heute erfahren. Behalte das Schlechte! Das kommt in die Zeitung. Es ist wertvoll, dann das wird man lesen. Doch es soll uns nicht prägen. Frohe Botschaft geht anders.
Sortieren wir, was wir heute erfahren, aber genau anders herum. Behalte das Gute! Nimm es in die Hand. Nimm es dir zu Herzen. Es ist wertvoll. Lass dich davon anrühren und prägen.
Auch das Schlechte nimm in den Blick und in deine Hand. Lege es weg. Es soll in dir keine Macht gewinnen.
Genau dies haben wir am Ende des Schuljahres mit den Abgängern der Grundschule gemacht: Was schlecht gelaufen ist, haben sie benannt. Dann haben wir es mit einer Geste Gott in die Hand gelegt. Vielleicht kann er was damit anfangen. Wir legen es weg. Wir nehmen es nicht mit in die neue Schule.
Dann haben sie benannt, was gut war. Halte es in der Hand, habe ich gesagt. Genieße es nochmal. Es ist schön. Nimm es an dein Herz. Nimm es mit. Freu dich und danke Gott für dieses Geschenk.
Mund-Nase-Masken müssen wir anziehen und Abstand halten, oft genug. Sie schützen uns. Das wollen wir behalten, solange es notwendig ist.
In dem, was wir heute erfahren, gibt es auch immer, was uns weiterbringt. Gutes und schlechtes werden wir erfahren. Beides nehmen wir in den Blick. Doch prägen soll uns, was gut ist. Das ist es wert. Das wollen wir behalten. Gott wird es uns schenken.
Samstag, 04.07.2020 ~ "Apostel Thomas" von Pater Goli
Wir beurteilen Menschen oft nach ihren Fehlern. So geht es uns auch mit dem Apostel Thomas. Bei ihm fällt uns vor allem seine sogenannte Ungläubigkeit ein. Deshalb nennen wir ihn auch den ungläubigen Thomas. Doch werden wir ihm und seiner großen Treue im apostolischen Dienst damit gerecht?
Tatsächlich war Thomas ein standhafter und treuer Jünger. Er wird im Evangelium mehrfach als ein mutiger Mensch beschrieben. So bestärkt er die anderen Jünger darin, Jesus nach Jerusalem zu begleiten, obwohl er weiß, dass es für Jesus tödlich enden kann und auch für die Jünger gefährlich ist. Thomas war es ernst damit, Jesus nachzufolgen. Wenn es sein musste bis in den Tod hinein.
Ich glaube, dass Thomas' Mut, seine Eigenständigkeit, seine Treue zu Jesus und ja, auch seine Skepsis zusammengehören, weil sie ihm und seiner starken Persönlichkeit entsprechen. Daher wagt er sich auch nach Jesu Kreuzigung und Tod hinaus, während die anderen Jünger traurig und voller Sorge nicht mehr vor die Tür gehen. Als Jesus den Jüngern erscheint, ist Thomas daher nicht dabei. Und als er zurückkommt und die anderen Jünger ihm erzählen, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, glaubt er ihnen nicht. Für Thomas, der Jesus sehr liebte, war es vielleicht hart zu hören, dass er die Gelegenheit verpasst hatte, dem auferstandenen Jesus zu begegnen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er sich weigerte, den Jüngern zu glauben. Er brauchte, ja, er wollte auch wie die anderen, eine persönliche Erfahrung mit dem Auferstandenen. Nicht Thomas' Glaube ist zu schwach, sondern sein Verlangen, Jesus zu begegnen, ist sehr groß.
Die Erfahrung der persönlichen Begegnung mit dem Auferstandenen, macht Thomas' Glaube unerschütterlich und stark. Thomas' Treue zu Jesus hält bis in den Tod hinein, den er nach einer Legende als Märtyrer für Christus in Indien erleidet. Daher wird der Apostel Thomas bis heute in Indien besonders verehrt.
Ich finde, irgendwie sind wir alle Thomas ähnlich. Wie er brauchen wir persönliche Glaubenserfahrungen, damit wir nicht zweifeln, sondern mutig und treu zu Jesus halten.
Thomas zeigt uns, wie wichtig es ist, mit dem Auferstandenen in Kontakt zu bleiben.
Wie aber können wir Jesus nahe sein? Wir kommen Jesus ganz nah in den Sakramenten, beim Lesen und Hören der Heiligen Schrift, beim Beten allein und in Gemeinschaft oder auch beim Dienst an unseren Nächsten.
Am 3. Juli feiern wir das Fest des heiligen Apostels Thomas. Dieses Fest kann uns dazu ermutigen, an Jesus nah dran zu bleiben.
Samstag, 06.06.2020 ~ "Dreifaltigkeit" von Gemeindereferentin Britta Höhler
Irgendwie ist im Moment nichts wie sonst, und doch geht es weiter im Kirchenjahr. An diesem Wochenende feiern wir das Fest Dreifaltigkeit. Damit denken wir an unseren einen Gott, den wir in drei Personen ehren: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Für diese Dreieinigkeit der Verschiedenheiten und gleichzeitig der Besonderheiten gibt es ein wunderbares Bild: unser Kreuzzeichen! In ihm zeigen wir bei jedem Gebet und jedem Segen das große Geheimnis „Gott“. So beginnen wir mit unserem Vater im Himmel, der uns seine Schöpfung geschenkt hat. Aus Liebe wurde er selbst Mensch in Jesus, seinem Sohn, er ist für uns gestorben, auferstanden und in den Himmel aufgefahren, doch lässt er uns nicht allein. Er sendet uns seinen Geist. Dieser Geist Gottes ist für uns Stärke und Halt, er lässt uns Gottes Liebe spüren. Gott ist Eins und auch Drei; Drei und wiederum Eins. Das ist und bleibt ein Geheimnis, das unfassbar ist. – Ähnlich ist das auch bei uns in der Kirche: wir Menschen sind allesamt verschieden, doch leben wir als Christen gemeinsam unseren einen Glauben und das wiederum auf unterschiedliche Art und Weise. Diese Einheit in der Vielfalt sehen wir in den vielen christlichen Religionen. Es gibt aber ein gemeinsames Fundament das uns miteinander verbindet: Jesus Christus. Er wurde von Gott, seinem Vater zu uns gesandt und hat uns den Heiligen Geist als Kraft zur Seite gestellt. – Heute müssen wir schauen, wie wir es schaffen unseren Glauben, unsere Gottesdienste, gemeinsam zu feiern. In den Kirchen ist das nur mit sehr hohen Auflagen, unter anderem durch Einhaltung der Abstandsregeln und ohne Gesang, möglich. Daher feiern wir in unserer Pfarrei auch noch nicht in allen Kirchorten Gottesdienste. An diesem Wochenende ist dies besonders schwer für einige Gemeindemitglieder, denn in Weilmünster ist heute der Patronatstag der Kirche und in Probbach entfällt dieses Jahr die traditionelle Prozession am Dreifaltigkeitssonntag. Trotz alledem sind wir aber durch Gottes Geist miteinander verbunden – und feiern unseren Gott: den Vater, der uns geschaffen hat nach seinem Bild; den Sohn, Jesus, der als Mensch gelebt hat und uns durch seinen Tod am Kreuz erlöst hat; den Heiligen Geist, durch den wir die Liebe spüren und im Glauben gestärkt werden. – Dieses Geheimnis der Dreieinigkeit ist unfassbar, jedoch das was wichtig ist bleibt, das kann und darf ich weitergeben: Gott ist da für mich, für dich und euch und alle.
Mittwoch, 08.04.2020 (Impuls zur Karwoche) ~ "Immer nah" von Gemeindereferent Hilmar Dutine
Die Tage in Jerusalem nähern sich dem leidvollen Ende. Jesus kennt seinen Auftrag. Vor ein paar Tagen ist er triumphierend in die Stadt eingezogen. Er hat den Tempelhändlern mal richtig die Meinung gesagt und ihre Tische umgeworfen. Er war bei seinen Freunden Maria, Magdalena und Lazarus zu Gast. Und heute will er noch ein letztes Mahl mit seinen Jüngern einnehmen, bevor es dann morgen ernst und er am Kreuz sterben wird.
Doch wie würde die biblische Geschichte im Coronajahr 2020 aussehen? Keine Menschen, die sich versammeln, sondern das Ganze als Livestream im Internet verfolgen.
Ein einsamer Einzug ohne Menschen am Strassenrand. Das Treffen bei den Freunden wird abgesagt. Es ist schließlich die Zeit des #wirbleibenzuhause. Und einen Saal für das Mahl finden? Nahezu unmöglich für eine dreizehnköpfige Gruppe. Die Bürgerhäuser sind bis in die Zeit nach dem Pessahfest geschlossen. Aber ein Gutes hätte es für Jesus wahrscheinlich auch: Die Gerichtsverhandlung und die Vollstreckung des Urteils würden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Wobei: Dann könnte er den Auftrag seines Vaters, die Menschen von der Schuld zu befreien, nicht erfüllen.
Die Heilsgeschichte im Jahr 2020.
Die Tage von Gründonnerstag bis Ostern sind in ihrer Ausgestaltung ganz anders, als wie wir sie kennen. Doch Jesus kommt auch in diese Zeit. Er, der menschgewordene Sohn Gottes, lässt uns nicht im Stich. Er bricht uns auch in diesen schweren Tagen das Brot. Er schenkt sich uns auch heute ganz. So, wie er schon zu seinen Lebzeiten fragte: „Was soll ich Dir tun? Was brauchst du, um ein gelingendes Leben zu haben?“, genau so fragt er uns das auch heute.
Viele Menschen helfen sich in diesen Tagen. In den meisten Dörfern haben sich Netzwerke gebildet, wo der Eine auf den Anderen achtet. Gassigeh-Service oder Einkaufshilfen für denjenigen, der das Haus nicht verlassen kann.
Jesus kommt zu uns. Er schenkt sich uns auch morgen an Gründonnerstag. Sein Brot ist mehr als das, was wir beim Bäcker kaufen können. Es ist die Speise für die Seele. Wenn wir das Brot des Bäckers essen, werden wir nach einiger Zeit wieder Hunger bekommen. Wenn wir dagegen das Brot des Herrn zu uns nehmen, dann wird unsere Seele satt. Normalerweise empfangen wir den Herrn in der Hostie. Dies ist in diesem Jahr jedoch nicht möglich. Aber es gibt auch die geistige Kommunion.
Wenn wir aus dem Glauben an Jesus heraus leben, dann bekommen wir auch in dieser Krisenzeit die Speise, die wir brauchen. Selbst, wenn wir uns nicht an Gründonnerstag in der Kirche zur Eucharistie treffen.
Samstag, 04.04.2020 (Palmsonntag) ~ "Hoffnungen" von Gemeindereferent Hilmar Dutine
Jesus zieht in Jerusalem ein. Die Menschen laufen aus ihren Häusern auf die Straße und jubeln ihm zu. „Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg“, lesen wir im heutigen Tagesevangelium.
Käme er heute in unsere Dörfer, wäre keiner am Straßenrand. Ich vermute, dass diese Ankunft eher per Livestream im Internet und in den sozialen Netzwerken gestreamt würde. Die Menschen wären dabei, ohne wirklich dabei zu sein.
Die Coronakrise hat unser gesellschaftliches Leben komplett zum Erliegen gebracht. Kein Mensch mehr auf den Straßen, kein Konzert in vollen Hallen oder Fußball im Stadion. Die ganzen kleinen und großen Krisen, die die Familien in dieser Zeit durchleben müssen, weil sie nicht wissen, was die Zukunft bringen wird.
Und trotzdem bin ich mir sicher, dass Jesus auch im Jahre 2020 in unsere Stadt gekommen wäre. Vielleicht alleine oder in Begleitung nur eines Jüngers wegen der Ausgangsbeschränkung. Aber er wäre gekommen. Er lässt die Menschen, die auf ihn vertrauen, nicht alleine. Er geht auf sie zu und er geht mit ihnen mit. Jesus weiß, welche Hoffnung die Menschen in ihn setzen – und er kennt auch die Hoffnung, die Gott, sein Vater, in ihn setzt. Jesus ist bereit, alles Leid der Welt auf sich zu nehmen. Er trägt somit am Leid jedes einzelnen Menschen.
Heute feiern wir in der Kirche den Einzug Jesu in Jerusalem. Es ist der letzte umjubelte öffentliche Auftritt vor dem schweren Kreuzgang. Vor Gericht wird sich die Stimmung wandeln. Die, die jetzt noch „Hosanna“ schreien, werden dann „ans Kreuz mit ihm“ grölen. Und auch in dieser bitteren Stunde wird Christus noch für sie beten: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
2020 stellt uns vor besondere Herausforderungen – auch im Glauben. Palmsonntag, die Karwoche und Ostern nicht in der Kirche, sondern „nur“ zu Hause im engsten Familienkreis, zu feiern, war noch vor ein paar Wochen außerhalb jeder Vorstellung. Und doch wird es in diesem Jahr so sein. An Karfreitag und Ostersonntag laden wir Sie ein, aufgezeichnete ökumenische Gottesdienste über Streams bei Weilburg-TV oder heiligkreuz-oberlahn.de mitzufeiern. Und so vielleicht doch ein wenig von der verbindenden Liebe Gottes zu spüren. Jesus kommt zu uns – auch in dieser krisenhaften Zeit.
Samstag, 15.02.2020 ~ "Vom Nein sagen" von Klinikseelsorger Michael Cleven
„Jetzt habe ich aber genug! – Schluss damit! – Das lass ich mir nicht gefallen!“ Die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen. Eine Grenze zu ziehen, das kann manchmal lebensnotwendig sein. Und das ist vor allem für diejenigen schwer, die nicht gelernt haben, NEIN zu sagen. Ja-Sagen und die Erwartungen der Anderen erfüllen, ist meist einfacher „Nein!“ schon eine echte Herausforderung werden, vor allem, wenn ich abhängig bin und Konsequenzen befürchten muss. Manche brauchen ein regelrechtes Lernprogramm, um mit gutem Gewissen Nein zu sagen. Wer nun gerade auf Diejenige, die sich im Nein-Sagen übt, oder auf prinzipielle Nein-Sager trifft, muss ertragen, wie schwer Verständigung dann sein kann. Dann beginnt jede Antwort mit einer Verneinung oder Abgrenzung. Manchmal mache ich mir dann den Spaß und behaupte im nächsten Satz das Gegenteil – sozusagen als Experiment, ob es hier um den Inhalt oder das Prinzip geht. Meine Erfahrung: meist folgt wieder eine Verneinung… Und tatsächlich; ein Nein zeigt (meist) eine stärkere Wirkung als ein Ja. Denn es kommt meist unvermutet und überraschend, irritiert das Gegenüber und setzt den Nein-Sager in eine bedeutende, wissende Position; hier ist einer der sich besser auskennt, der weiß, wo es lang geht. Unsichere oder Untergebene geben keine „Wider-Worte“. Die Abgrenzung lässt sich noch bis hin zu Angriffen steigern und ist sehr aktuell; von Unterstellungen, Beleidigungen bis zu Wutausbrüchen, von persönlichen, verbalen Attacken, (gerne im Netz oder in Leserbriefen) bis zu aggressiven Übergriffen wahllos auch gegenüber Unbeteiligten. Wieviel Frust und Ärger muss sich dahinter angestaut haben und wie wenig soziale Verhaltensweise und Selbstkontrolle sind noch vorhanden. Hier würde uns die Wiederentdeckung und Durchsetzung der Sekundärtugenden wie Höflichkeit, Achtung usw. gesellschaftlich gut tun. Die Bibelstelle, die heute im kath. Gottesdienst vorgelesen wird, handelt auch von einer Grenzüberschreitung; dort wird (in der Bergpredigt) erzählt, wie Jesus die sozialen Verhaltensregeln verschärft, mit denen gläubige Juden ihre Beziehung auch zu Gott leben; nicht erst der verletzende Angriff auf den Anderen ist verwerflich, sondern schon die halb-verschluckte Beleidung ihm gegenüber. Danach sind wir schon für unsere innere Haltung dem Anderen gegenüber verantwortlich. Und daraus erwachsen unsere Handlungen, in die eine oder andere Richtung.
Samstag, 18.01.2020 ~ "Hingehen, sehen, verstehen und helfen" von Pfarrer Walter Henkes
Gesicht zeigen, hingehen, sehen, verstehen, wissen und sich kennen helfen mehr als Mouseclicks, Befehle oder Bomben.
Soleimani zeigte Gesicht, redete und schaffte dem Iran Verbündete. Trump ließ ihn umbringen. Gewalt fordert Gegengewalt, sich kennen, verstehen und helfen schafft Frieden.
Facebook. Tausend Freunde von „Kenne ich ganz gut“ bis „Den habe ich schon mal gesehen“ zeigen Gesicht. Ich bin besser erreichbar. Von „Ich hätte mal eine Frage“ über „Frohe Weihnachten“ bis „Kannst du im Sommer unsere Hochzeit halten?“ war schon alles dabei.
Gesicht zeigen auch Jesus und Johannes der Täufer. Auch ich habe wenig von Jesus gesehen, lesen wir im ersten Kapitel des Johannesevangeliums. Gemeint ist, was nach dem Sehen bleibt: „Ich kannte ihn kaum.“ – obwohl die beiden verwandt sind. Wie bei Facebook-Freunden so gibt es auch Verwandte, die man kennt und mag, und andere eben weniger.
„Ich kannte Jesus nicht“, doch „Seht“, hören wir, „das Lamm Gottes.“ Als Jesus am Jordan sein Gesicht zeigt, beginnt was Neues. Vor der Taufe Jesu erklärt Gott dem Johannes: Auf wen du den Heiligen Geist herabkommen siehst, der ist es, der tauft mit Heiligem Geist. Johannes sieht und bezeugt: Er ist es, ihn hat Gott ausgesucht.
Wo wir zu Jesus gehen, finden wir ihn auch, im Beten, Stillsein und Handeln. Wo wir hinsehen, entdecken wir ihn, für uns und unser Leben. Die Taufe Jesu ist ein erstes Eintauchen. In der Bibel hören wir mehr. Wenn wir entsprechend leben, erfahren wir ihn.
Wo wir um Jesus wissen und ihn schätzen, prägt er uns. Weil wir die Fragen unseres Lebens auf seine Weise ansehen, blicken wir auch bei uns selber tiefer und anders durch, so wie Johannes bezeugt: Der Geist kam vom Himmel herab und blieb auf Jesus. Er ist es. Er ist der, auf den es ankommt.
Und das wirkt. Wo wir, wie Jesus, einander Gesicht zeigen, einfach hingehen, hören, sehen und verstehen, da blicken wir tiefer, bei einem Kranken, einem Freund, einem, mit dem wir was klären. Von Angesicht zu Angesicht verstehen und merken wir, wie es dem anderen geht, was ihn beschäftigt und was wir tun können. Auf einem gemeinsamen Weg wächst, was uns verbindet.
Befehle oder Bomben führen auseinander. Mouseclicks, Mails und WhatsApp versöhnen nicht. Wie Jesus wollen wir hingehen, sehen, wissen und helfen.