Jeden Samstag erscheint im Weilburger Tageblatt die Seite "Momente", auf der ein katholischer oder evangelischer Seelsorger oder Seelsorgerin einen geistlichen Impuls in der Rubrik "Moment mal" schreibt.
Hier können Sie die aktuellen Impulse unseres Pastoralteams nachlesen.
Ältere Beiträge finden Sie im Archiv.
Samstag, 14.05.2022 ~ "Gott setzt eine neuen Anfang" von Pfarrer Walter Henkes
Stellen Sie sich vor alle könnten in Frieden leben, von ihrer eigenen Hände Arbeit. Wir kämen miteinander aus und wenn wir verschiedener Meinung wären, würden wir uns zusammenraufen, ganz ohne Gewalt.
Aber in Europa ist Krieg. Wir unterstützen die Ukraine mit Waffen. Wir nehmen Flüchtlinge auf. Wir hoffen auf Frieden und beten. Eine neue Erde wäre schön.
Stellen Sie sich vor, alle wären gesund, zufrieden und glücklich.
Aber wir können es nicht machen. Ich bin gespannt, ob Corona im Herbst wieder zuschlägt. Wir hoffen und beten, auch heute, am Tag der heiligen Corona.
Himmel und Erde neu, unser Miteinander neu, ein Frieden, der bleibt – Gott wird uns das alles schenken, hören wir in der Bibel.
Johannes sah in der Offenbarung einen neuen Himmel und eine neue Erde. Diese zweite Schöpfung beginnt nicht mit Pflanzen und Tieren sondern mit einer Stadt, in der wir zusammen leben, von und mit Gott, wo er Dach und Zelt und Mitte ist.
Wir können und müssen es nicht allein: Frieden, Gesundheit, Wohlstand und Glück auf Erden. Gott wird es uns schenken. Wenn wir ihm vertrauen und unseren Teil beitragen, kann es werden.
Gott setzt diesen Anfang. Er wohnt wie unter einem großen Zelt, zusammen mit uns. Was bei uns danebengegangen ist, wird er beenden. Er wird unsere Tränen abwischen. Krieg und Elend sind beendet. Der Tod wird nicht mehr sein. Keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Das ist vorbei.
Wann, fragen wir. Wenn die Zeit reif ist, wenn Gott bei uns wohnt, nicht an einem bestimmten Ort, sondern, in uns und in unserem Miteinander, nicht mehr in dieser Welt, hören wir am Ende der Bibel.
Gott macht neu, nicht wir allein. Gott sei Dank.
Samstag, 23.04.2022 ~ "Weißer Sonntag" von Pastoralreferent Michael Cleven (Klinikseelsorge Weilmünster)
Weißer Sonntag, der erste Frühlingssonntag nach Ostern, so vieles blüht, das Leben ist im Aufbruch. Die symbolische Botschaft, die Stimmung in der Morgensonne dieses Tages könnte der Osterbotschaft recht geben: das Leben ist stärker als der Tod!
Doch wieder, wie schon seit zwei Jahren, wird das schöne Stimmungsbild, der einfache Genuss eines solchen Tages durchkreuzt; dürfen wir uns hier unseres Lebens freuen, wenn …? Und stimmt denn die urchristliche Botschaft von Ostern überhaupt, dass da ein Gott für den Sieg des Lebens einsteht? Ist das nicht naives Wunschdenken von Weltfremden?
Der Zweifel ist angebracht, angesichts der täglichen Katastrophenmeldungen. Und er findet sich auch direkt in der Bibel, in der Erzählung um die Auferstehung Jesu. Diese Stelle vom ungläubigen Thomas wird heute in den katholischen Messen vorgelesen; einige der Jünger wollten demnach den toten Jesus als Auferstandenen gesehen und erlebt haben. Aber das hält Thomas für einen ziemlichen Quatsch: „Gibt’s doch gar nicht“. Er will eigene Erfahrung machen, die anderen können viel reden.
Welche eigenen Erfahrungen brauchen wir, dass der Auferstehungsglaube doch stimmt, dass Gott für das Leben einsteht und ihm zum Sieg verhilft? Doch selbst ein Wunder – das sofortige Ende des Krieges, das Verschwinden des Virus´ - wäre kein Beweis. Weil es einen Beweis, ein Ende des Zweifels nicht geben kann. Er ist die Kehrseite des Glaubens. Thomas erfährt die Lebendigkeit des zuvor toten Jesus dann doch mit eigenen Augen und krempelt mit dieser Erfahrung sein ganzes Leben um. Doch größer ist der Sprung in den Glauben bei denen, die diese einmalige, direkte Erfahrung des Thomas nicht machen können.
So bleiben uns nur die Bitte, dass es Auferstehung aus dem Tod geben möge und kleine Hinweise darauf: die Rettung und Hilfe für die vielen Geflüchteten, die Hoffnung, dass sich der Friede und die Gerechtigkeit gegen den Terror und die Gewalt durchsetzen wird, dass das Verantwortungsgefühl und die Vorsicht der Vielen im Umgang mit dem Virus erfolgreich sei, dass es irgendwann eine Antwort auf die quälende Frage nach dem Warum geben möge.
Bei allem Zweifel, der runterzieht, will das neue Leben wahrgenommen und gefeiert werden, beim Sonnenaufgang, im Frühling, bei einem geschenkten Lächeln, bei Ärmel-Hochkrämpeln und Mit-Anpacken.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag
Samstag, 02.04.2022 ~ "Wir haben einen Traum" von Gemeindereferentin Britta Höhler
In meinem Büro hängt ein Poster, das ich Anfang der neunziger Jahre, während meines Studiums, gekauft habe. Darauf ist das Gesicht eines schwarzen Menschen zu sehen. In Großbuchstaben steht am unteren Rand I HAVE A DREAM… – übersetzt heißt das: Ich habe einen Traum… Dieses Poster beinhaltet weiter die wichtigsten Auszüge der Rede von Martin Luther King Jr., die er am 28. August 1963 in Washington, DC hielt. Im Rahmen des „Marsch auf Washington“ fordern die Bürgerrechtsbewegungen auf, für Rassengleichheit und gegen Diskriminierung zu demonstrieren. Diesem Aufruf sind über 200.000 Menschen gefolgt. Viele Reden werden am Lincoln Memorial gehalten, so auch vom Baptistenprediger Dr. Martin Luther King Jr. Er ist der Letzte in der Reihe der Vortragenden und wird mit seinen Worten nun weltweit berühmt. Seine Sätze sind bekannt und aktueller denn je, wenn er sagt: „Ich habe einen Traum, dass eines Tages jedes Tal erhöht und jeder Hügel und jeder Berg erniedrigt wird. Die rauen Orte werden geglättet und die unebenen werden begradigt. Die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden, und alles Fleisch wird es sehen. Das ist unsere Hoffnung! Mit diesem Glauben werde ich fähig sein, aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung zu hauen.“ Ja, so einen Stein der Hoffnung würde ich auch gerne schlagen können. Wenn alle Probleme der Welt sich auftürmen wie ein riesiger Berg, möchte ich meinen Hammer nehmen, und anfangen kleine Brocken heraus zu hauen. Immer weiter, Stück für Stück – Steine der Hoffnung. Und ich bin überzeugt, wenn wir alle zusammen diesen Traum träumen, können wir es schaffen. So wie es auch schon John Lennon in seinem Lied 1971 „Imagine“ sang, in dem es unter anderem frei übersetzt heißt: „Stell Dir vor, alle Menschen leben ihr Leben in Frieden. Ja, Du magst sagen, dass ich ein Träumer oder eine Träumerin bin, aber weißt Du, ich bin nicht der bzw. die Einzige. Ich hoffe, dass auch Du eines Tages dazu gehören wirst.“ Oder anders ausgedrückt, mit den Worten von Dom Helder Camara, brasilianischer Befreiungstheologe: „Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, ist das der Anfang einer neuen Wirklichkeit.“ So werde ich weiter träumen, in der Wirklichkeit, denn ich gebe die Hoffnung nicht auf! Ich lade dazu ein, dass wir alle diesen Traum träumen, und so die Vision vom Frieden gemeinsam wahr werden lassen. WE HAVE A DREAM… - Wir haben einen Traum…
Samstag, 05.03.2022 ~ Fastenzeit - "Zeit zum Innehalten" von Gemeindereferent Hilmar Dutine
Haben Sie auch einen Kalender mit Erinnerungsfunktion? Also einen, der mit einem (gedachten) schelmischen Grinsen mich darauf aufmerksam macht, was in der nächsten Stunde auf meinem Terminplan steht. Termin folgt auf Termin, unser Leben ist bis ins Kleinste durch getaktet. Bloß keine zu lange Pause machen – durch das Home-Office habe ich doch gefühlt sowieso mehr Freiheiten und freie Zeiten. Wobei Studien inzwischen klar belegen, dass viele Menschen im Home-Office eher weniger als mehr Freizeit zur Verfügung haben.
Wir rennen und kommen doch nicht an. Wir geben unser Bestes und fühlen uns doch auf der Verliererseite. Tagein tagaus überfordern wir uns. Bis schließlich nicht mehr die Erinnerungsfunktion unseres Kalenders mit einem „Ping“ auf sich aufmerksam macht, sondern unsere Seele das Stop-Schild hervor kramt. Ausgebrannt. Erschöpft. Burn-Out. Die Seele streikt, der Körper kann nicht mehr – die Sehnsucht nach Ruhe und Stille nimmt überhand. Mediziner sehen dies nicht nur als westeuropäisches, sondern als globales Problem.
Einfach mal inne halten, der Seele und dem Körper die Zeit geben, die sie und er braucht. Dazu laden uns die 40 Tage der Fastenzeit ein. Bewusst einmal das Smartphone ausschalten und nicht erreichbar sein. Auch nicht für einem kurzen Blick zwischendurch auf das Display schauen. Die Welt wird sich weiter drehen. Es wird zu keiner Katastrophe kommen, weil ich mir eine Auszeit gegönnt habe.
Sei doch einfach mal liebevoll zu dir selbst. Tue das, was Dir gut tut. Frag nicht nach dem Nutzen oder Sinn. Gestalte dein Leben und deinen Alltag aktiv. Und vor allem: Nimm dich an, so wie du bist – mit allen Grenzen, Fehlern und Schwächen. Denn so hat Gott dich geschaffen. Und so bist du gut. „Sei selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst“, wird der Asket Mohanda Karamchand Gandhi zitiert. Ich möchte ergänzen: „Sei nicht derjenige, den andere gerne in Dir sehen würden – sondern sei authentisch. Lebe so, dass Du glücklich bist – und dieses Glück mit anderen teilen kannst. Denn Christus ist gekommen, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben.“
Ich wünsche Ihnen eine gute Fastenzeit 2022.
Samstag, 12.02.2022 ~ "Was ist Leben?" von Pfarrer Walter Henkes
Was ist Leben? Besitz, Kinder, langes Leben und „Ich bin gesund“. Darin zeigt sich Gottes Segen denken viele, heute wie früher.
Viel Vieh, Sklaven und vor allem Söhne. Darauf sind sie stolz im Alten Testament. Ein fettes Auto ist es heute, ein großes Haus, eine Frau, die vor allem schön ist – ist das wirklich das Größte im Leben?
Ich kenne einen, der so lebt. Beim Haus guckt das Geld aus allen Ecken. Teure Teppiche, alte Schränke, richtig wertvoll, Reste von Reisen rund um den Globus. Das Auto beschleunigt doppelt so schnell wie mein eigenes. Der Navigator ist das Neueste auf dem Markt. – Ein großer Besitz, aber er muss beweisen, wie groß und bedeutend er ist. Die Schulden lassen ihn nicht schlafen.
Er duldet keine anderen Götter neben sich. Seine erste Frau ist weg. Die zweite hat Krebs. Die Haare fallen aus. Die kann er nicht vorzeigen; und lässt sie allein.
Er muss was darstellen: Fernsehen, Boxkämpfe, Big Brother, Internet und schöne Frauen. Die glänzenden Augen der anderen bleiben aus. Wer ihn kennt, zieht sich zurück. Allein bleibt er, gefangen zwischen Reichtum und „Ich bin wichtig“.
Was ist Leben? Was macht es aus? Corona wirft manchen zurück auf den innersten Kreis. Ehefrau und Kinder oder „ich und mein Gott“. Wer nur auf Menschen vertraut, ist wie ein kahler Strauch im salzigen Land, wo niemand wohnt weiß schon der Prophet Jeremia. Durch Corona wird das manchmal sehr deutlich.
Reich, satt und zufrieden. Zwischen Big Brother, Pokémons und dem nächsten Abendtermin verliert unser Leben an Tiefe. Doch wie geht es anders?
Ihr seid jetzt arm, sagt Jesus. Euch gehört Gottes Reich. Ihr leidet Hunger; und werdet satt. Ihr weint und dürft einst lachen. Wer sich auf Gott verlässt, ist wie ein Baum am Wasser, weiß Jeremia. Wenn drum herum nichts mehr bleibt – ein Leben in Gottes Liebe bleibt tief und fruchtbar.
Am Montag feiern wir den heiligen Valentin. Er soll als Priester im dritten Jahrhundert Liebespaare getraut haben und den frisch verheirateten Paaren Blumen aus seinem Garten geschenkt. Er blieb den Menschen nah, auf seine Weise. Sein Leben bringt Früchte, auch in unseren Tagen.
Was macht unser Leben aus? Viel besitzen, viele Kinder, ein langes Leben, Hauptsache gesund? Zu den Armen sagt Jesus: Selig seid ihr; euch gehört das Reich Gottes. Ich wünsche Ihnen ein erfülltes Leben, trotz Corona, erfüllt von Gottes Liebe und von denen, die sie gern haben.
Samstag, 15.01.2022 ~ "Stern über Bethlehem" von Pater Goli
Wir stehen ganz am Anfang des Jahres 2022. Das Jahr fühlt sich noch frisch und unverbraucht an. Manche nutzen die Möglichkeit eines Neubeginns mit guten Vorsätzen und erstrebenswerten Zielen. Viele hoffen darauf, dass das neue Jahr unter einem guten Stern stehen möge. Ein Stern, an dem man sich orientieren kann, weil er Glück verheißt.
So wie die drei Sterndeuter aus dem Morgenland. Der gute Stern, an dem sich die weisen Sterndeuter orientieren, ist der Stern von Bethlehem.
Voller Sehnsucht folgen die Weisen dem Stern ihres Lebens, weil sie an die Verheißung eines neugeborenen Königs glauben.
Und im Stall zu Bethlehem finden sie den König, den sie suchen. Es ist das Jesuskind, das in einer armseligen Krippe liegt. Die drei Weisen haben ihr Lebensziel erreicht und sind glücklich.
Und wir? Welcher Verheißung glauben wir? Welchem Stern folgen wir?
Folgen auch wir voller Hoffnung und Sehnsucht dem Stern von Bethlehem, der uns zum Jesuskind führt?
Und wenn ja, was erhoffen und erwarten wir von diesem Kind im Stall?
Was haben sich wohl die drei weisen Sterndeuter vom neugeborenen König erwartet? Jedenfalls scheinen sie nicht überrascht zu sein, als sie den verheißenen König in einem bescheidenen Kuhstall finden.
Ihr Glaube und ihr Vertrauen in die Verheißung des Sterns vom neuen König, der die Welt erretten und erlösen wird, sind wahrhaftig groß. Und vor Freude über diesen neugeborenen König beschenken sie ihn reich. Sie schenken ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Es ist das Wertvollste, was sie bei sich haben. Und auch die Sterndeuter lassen sich beschenken. Sie erhalten das göttliche Kind zum Geschenk. Gott schenkt sich ihnen selbst im Menschenkind Jesus.
Was also können wir erwarten, wenn wir wie die weisen Sterndeuter dem guten Stern, dem Christus-Stern, folgen?
Ich glaube fest daran, dass wir wie die Sterndeuter darauf vertrauen können, dass der Christus-Stern unserem Lebensweg Orientierung, Sinn und Erfüllung gibt.
Gott schenkt sich uns im Jesuskind. Und er schenkt sich uns nicht nur im göttlichen Kind an Weihnachten, sondern er schenkt sich uns immer.
Gott schenkt sich uns in jedem Menschen. Er schenkt sich uns in uns selbst und in unseren Mitmenschen. Und ganz besonders schenkt er sich uns in den armen und in den bedürftigen Menschen.
Die Sternsinger sammeln Spenden für bedürftige Kinder. In diesem Jahr sammeln sie für die Gesundheitsversorgung von Kindern in Afrika. Sie schenken ihre freie Zeit, um anderen Kindern zu helfen. Damit bringen die Sternsinger nicht nur den Segen Gottes in unsere Häuser, sondern sie werden selbst zum Segen für andere.
Wir können es wie die Sternsinger machen und einander zum Segen werden. So möge das neue Jahr unter dem besten Stern stehen, den wir haben: dem Stern von Bethlehem.